Omni & Stereo – alles (in) stereo.
Mit OmniStereo bezeichne ich eine Panoramatechnik, bei der ein voll sphärisches Panorama, also nahezu der ganze Raum mit 180°x360° in stereoskopischem 3D („s3D“) erfasst wird.
Am einfachsten geht das - sofern man in dem Zusammenhang überhaupt von "einfach" reden kann - mit einem Fisheye-Objektiv in single-row-Technik. Ein multi-row-Ansatz ist für OmniStereo unsinnig und kaum realisierbar.
Im letzten Beitrag „Stereo-Panorama“ habe ich die grundlegenden Techniken zur Aufnahme eines Stereo-Panoramas aufgezeigt. Hier will ich jetzt die Aufnahmetechnik vertiefen, insbesondere für die Aufnahme eines großen vertikalen Bildwinkels.
Der Weg zum s3D-Panorama ist mehr als anspruchsvoll. Die richtige Aufnahmetechnik ist nur der erste Schritt. Der zweite Schritt ist das sphärische Stitchen zweier korrespondierender Panoramen aus Quellbildern, die sich konventionell nicht fehlerfrei stitchen lassen. Das Generieren einer stereoskopischen Darstellung, die den Anforderungen der räumlichen Wahrnehmung genügt, ist der dritte und die tatsächliche Wiedergabe als stereoskopisches 3D-Bild der vierte Schritt. Die Bearbeitungsschritte müssen natürlich alle zum Aufnahme-Setup passen. Fatal: Auch wenn ein linkes und rechtes Panorama fehlerfrei gestitcht wurde, kann der räumliche Eindruck in der Wahrnehmung des Betrachters gestört sein, das imaginäre Raumbild zerfallen. Daher besteht die Herausforderung darin, den gesamten Workflow von der Aufnahme bis zur 3D-Darstellung konsistent und deterministisch darzustellen.
Grundsätzlich unterscheide ich zwischen einem monokularen und einem binokularen Aufnahme-Setup. Bei der monokularen Technik verwendet man eine Kamera mit einem Objektiv wie beim gewöhnlichen Mono-Panorama. Aber man rotiert die Kamera nicht um die Eintrittspupille („Nodalpunkt“), sondern um eine vertikale Achse, die die optische Achse zwischen Eintrittspupille und Sensorebene schneidet. So läuft bei der Aufnahme die Eintrittspupille, das perspektivische Zentrum der Kamera, auf einer Kreisbahn um die Rotationsachse. Linke und rechte Perspektive werden dann aus dieser einen Aufnahmenserie bzw. deren rechten und linken Teilbildern gestitcht. Der wesentliche Vorteil beim monokularen Aufnahme-Setup besteht darin, dass man eben nur eine Kamera braucht und die Stereo-Basis beliebig klein gewählt werden kann.
So ein Setup wurde 1999 von Shmuel Peleg und Moshe-Ben-Ezra erstmals beschrieben (PDF im Anhang unten). Die Autoren nutzten dabei eine Technik, die Sony erst 10 Jahre später (allerdings in mono) als sweep-Pamoramatechnik bekannt machte. Dabei werden schmale vertikale Bildstreifen mit eher kleinem vertikalen Bildwinkel flach gestitcht. Die Autoren nannten das dann "omnistereo". Diese Bezeichnung ist für ein Panorama mit so kleinem vertikalen Bildwinkel eher nicht zutreffend.
Bei "omnistereo" erwarte ich Stereo mit einem großen Bildwinkel, horizontal und vertikal.
Der Ansatz der genannten Autoren vermag das nicht zu leisten.
Im Gegensatz dazu verwende ich für "echte" OmniStereo-Panoramen ein Fisheye-Objektiv und stitche Teilbereiche der so generierten Quellbilder sphärisch. So habe ich Anfang 2016 begonnen, den Stereo-Stitchingprozeß zu entwickeln. Denn nur sphärisch gestitcht lässt sich ein Stereo-Panorama auch mit dem großem vertikalen Bildwinkel generieren, das dem Anspruch "OmniStereo" annähernd gerecht werden kann.
Beim Betrachten eines stereoskopischen 3D-Bildes ist nur dann die räumliche Tiefe entspannt wahrnehmbar, wenn die Breite der Stereo-Basis passend zur Tiefe und der Nahpunktdistanz gewählt wurde. Ist die Stereobasis zu klein gewählt, ist die Tiefenwirkung in der s3D-Darstellung gering. Bei zu groß gewählter Stereo-Basis ist beim Betrachten Augenakrobatik notwendig. Der räumliche Bildeindruck zerfällt. Ich wähle die Stereo-Basis meistens als 1/25 des Abstandes zum Nahpunkt im Sujet.
Als Richtwert für die Stereo-Basis im monokularen Setup verwende ich 40mm Basis pro Meter Abstand zum horizontalen Nahpunkt.
Die monokulare Aufnahmetechnik ist prädestiniert für Stereo-Panoramaaufnahmen im Nahbereich. Hier eine OmniStereo-Panorama-Tour als Beispiel, aufgenommen mit einem Fullframe Fisheye. Der grundsätzliche Nachteil der monokularen Technik besteht darin, dass „linke“ und „rechte“ Perspektive zeitlich versetzt aufgenommen werden (Diese Aussage wird allerdings erst beim vollen Verständnis für den Stitchprozess verständlich. Sorry). Linke und rechte Perspektive sind also zeitlich nicht synchronisiert. Die monokulare Technik kommt daher nur für statische Sujets in Frage. Alle belebten Sujets verlangen die Synchronisation der Aufnahmen für linke und rechte Perspektive. Das ist nur mit zwei synchron ausgelösten Kameras, also einem binokularen Setup, zu erreichen.
Das binokulare Aufnahme-Setup verwendet dazu zwei (im Idealfall identische) Kameras, deren optische Achsen genau parallel ausgerichtet sind. Im Rahmen unserer Evaluierung habe ich mir einen Art Baukasten geschaffen, mit dem ich alle denkbaren Aufnahme-Setups realisieren kann: Monokular Hochformat, Querformat und „slanted“ mit beliebiger Stereo-Basis, binokular Hochformat und „slanted“ mit Stereo-Basis von 65mm bis 95cm.
Das Problem beim binokularen Setup besteht darin, dass die Stereo-Basis durch die Geometrie der verwendeten Kamera-Bodies nach unten hin limitiert ist. Selbst wenn man zwei Kamera-Bodies am Kameraboden „Boden-an-Boden“ verschrauben könnte, wäre der Abstand der beiden optischen Achsen, also die Breite der Stereo-Basis, genau 2 mal die Höhe der optischen Achse. Die „theoretisch“ minimale Stereo-Basis bei Verwendung zweier Nikon D800 wäre dann 100mm. Praktisch realisieren lässt sich mit der D800 nur ein Setup mit minimal 110mm Stereo-Basis bei der Aufnahme.
Bei die Auswahl besser geeigneter Systemkameras sind m.E. folgende Merkmale entscheidend:
- Verfügbarkeit eines kompakten Fullframe Fisheyes für die Kamera
- Möglichst tief liegende optische Achse
- Gut zugängliche manuelle Belichtungssteuerung
- Remote- und Synchronisationsfähigkeit der Kameraauslösung
- Bracketing-Tauglichkeit
- Guter Dynamikumfang
- Günstiger Kaufpreis
Mit unserer umfangreichen Kameradatenbank ließ sich schnell eine entsprechende Vorauswahl infrage kommender Kameras treffen und dank der Unterstützung von befreundeten Fotografen konnte ich Praxistests mit diversen Systemkameras von den kleinsten MFTs, diversen APS-C-Kameras bis zur Sony A7/II und der Nikon D750 vornehmen. Natürlich wäre ein binokulares Setup mit zwei Sony A7-Bodies bestückt mit je einem rasierten Samyang f2,8/8mm Fisheye eine Traum-Kombi. Doch die sprengt jedes Budget. Nach eingehender Bewertung aller Kriterien identifizierte ich die Fuji X-M1 oder X-T10 mit dem Samyang Fisheye f2,8/8mm V2 als die ideale Kamera für OmniStereo-Panoramafotografie. Ihre sehr tief liegende optische Achse, die Auflösung von über 30 Pixel pro Grad, die hervorragende Dynamik des X-Trans-Sensor (APS-C) und das problemlose Handling auch im manuellen Modus und nicht zuletzt die einfache Remote- und Synchronisierbarkeit – alles bestens, besser geht kaum, und schon gar nicht zu diesem Preis. Gleich drei X-M1-Bodies finden sich inzwischen in unserem Kamerakoffer neben weiteren Fuji-X und diversen anderen Kameras.
Mein favorisiertes monokulares OmniStereo-Aufnahme-Setup ist denkbar einfach: Es besteht aus einem speziell konfigurierten KISS, der für die Stereo-Basis einen Bereich von 0...60mm abdeckt. Dafür habe ich einen KISS konfiguriert für einen Nodalpunktversatz von 0, -5mm, -10mm, -15mm, -20mm, -30mm und -40mm. Die Kamera steht am KISS immer im Hochformat.
Alternativ lässt sich der UniQ-NPA mit einem stufenlos einstellbaren Basisbereich von 0 ....>100mm einsetzen. Dabei ist die Kameraorientierung im Hoch- und Querformat möglich. Im Hochformat beträgt mit der o.g. Kamera der vertikale Bildwinkel 150°, im Querformat knapp 100°.
Beim monokularen Setup wird die Stereobasis primär durch den Versatz der Eintrittspupille gegenüber Rotationsachse definiert: Die dann resultierende Stereo-Basis ist etwa der 1,5fache Versatz der Nodalpunktposition, d.h. bei einem Versatz von 30mm beträgt die Stereobasis ca. 50mm.
Die Bedingungen für Mono- und Stereo-Panoramafotografie lassen sich in geschlossener Form mathematisch formulieren. Ohne hier die Berechnung ausbreiten zu wollen, fasse ich die wesentlichen Ergebnisse für ein monokulares Setup zusammen:
- Faustregel: Stereo-Basis = 40mm pro Meter Nahpunktdistanz (siehe oben).
- Der Versatz der Eintrittspupille gegenüber der Rotationsachse ist dann die Hälfte der erforderlichen Stereo-Basis
- Bei einem konventionellen Stitchingprozess errechnet man die Anzahl der erforderlichen Aufnahmen aus dem Versatz, dem horizontalen Bildwinkel der verwendeten Kamera und dem zulässigen Stitchingfehler nach folgender Goldenen Regel: Bei einem auf die Nahpunktdistanz normierten Versatz von x mm/m sind genau x Aufnahmen innerhalb des horizontalen Bildwinkels des Objektivs erforderlich. Im Klartext für o.g. Referenz-Setup im Hochformat: Bei einem Aufnahmeabstand von 1m und einem Versatz von 20mm sind 20 Aufnahmen pro 100° erforderlich, also 72 Aufnahmen auf 360°.
- Der maximale Stitchingfehler beträgt dann im optimal gestitchten Panorama 0,2% der horizontalen Kantenlänge des Sensor. Das sind in o.g. Referenz-Setup maximal 6,5 Pixel.
Die Quintessenz muss Aspiranten für die Stereo-Panoramafotografie zunächst schockieren: Für eine sehr gute Stitchingqualität sind ohne besondere Tricks bei optimaler Wahl der Stereo-Basis mit einem Fullframe Fisheye mindestens 60, besser 72 Aufnahmen erforderlich. Mit einem Portrait- oder zirkularen Fisheye lässt sich die Anzahl deutlich reduzieren - oder man verzichtet auf die maximale Tiefenwirkung und nutzt eine kleinere Stereo-Basis (s.a. Anmerkung 4) - oder erlaubt größere Stitchingfehler.
Für Stereo-Panoramafotografie mit nur einer Kamera ist daher die Verwendung eines Motorkopfs sinnvoll, wenn nicht notwendig. Der Motorkopf muss sehr schlank sein, damit er bei den Fisheye-Aufnahmen im Nadir nicht aufs Bild kommt. Der alte Seitz VR-Drive (die "rotierende Cola-Dose") ist dafür erste Wahl.
Anmerkung (Dez 2017):
Mit einem neuen, sehr praxistauglichen Ansatz "multiperspektivisches Stitchen" und die Verwendung von PTGUI Pro V11 lässt sich die Anzahl der erforderlichen Aufnahmen monokular und binokular deutlich reduzieren. Tatsächlich mache ich inzwischen generell die s3D-Panoramen mit 24 Quellbildern ohne wahrnehmbare Stitchingfehler.
Nun zum binokularen Setup.
Belebte Szenen kann man in s3D nur mit zwei synchron ausgelösten Kameras aufnehmen. Grundsätzlich gilt auch hier der o.g. Richtwert für die Stereobasis.
Mit einer Stereo-Basis entsprechend Augenabstand kommt das binokulare Setup vorzugsweise bei einem Aufnahmeabstand ab 1,5m zum Einsatz. Allerdings reize ich gerne die Grenzen aus und verwende es bis 1m Abstand.
Ideal ist es, wenn die Höhe der optischen Achse über Grund, also die Stativhöhe, den normalen Sehbedingungen ("Augenhöhe") entspricht (also 1,5m...2m) bei einer Stereo-Basis von 65...70mm entsprechend Augenabstand.
Grundsätzlich gilt auch für das binokulare Setup, dass stitchingfehlerfreie Tiefenwahrnehmung über ein Mehr an Aufnahmen (im Vergleich zum normalen Mono-Setup) erkauft werden muss. Je mehr Aufnahmen man macht, desto kleiner ist der Drehwinkel zwischen den Aufnahmen, desto schmäler sind die Bildbereiche, die zum Stitchen herangezogen werden, und desto kleiner ist die Parallaxe benachbarter Aufnahmen. Mit einem gut geführten Stitchingprozeß kommt man mit 24 Auslösungen aus. Dafür kommen zusätzliche Anforderungen ins Spiel. Man löst dann ja immer zwei Kameras synchron aus, deren optische Achsen genau parallel ausgerichtet sein müssen, der Bildwinkel muss identisch sein usw.
Mit dem Stereo-NPA-Baukasten konnte ich mit zwei Fuji-Kameras zunächst minimal 75mm Stereo-Basis realisieren (Kameras im Hochformat). Trotzdem ist es möglich, mit diesem Setup ordentlich stitchende s3D-Panoramen mit 36 Auslösungen und ca. 60cm Nahpunktdistanz aufzunehmen, z.B. hier.
Nach oben lässt sich mit dem Baukasten die Stereobasis bis auf fast 1m stufenlos variieren (für Aufnahmen in den Bergen), sowohl im Hoch- und Querformat als auch slanted. So konnte ich die Gültigkeit der Berechnungen über einen weiten Bereich verifizieren – und auch das sphärische Stitchen eigentlich nicht stitchbarer Aufnahmeserien ausgiebig üben.
Natürlich stellte ich mir die Frage, ob wir denn so etwas wie den Stereo-NPA-Baukasten in unser Produktportfolio aufnehmen könnten. Für den s3D-Panorama-Einsteiger wäre das durchaus ein lehrreiches System, das alle Möglichkeiten bietet.
ABER es widerspricht meinem Produktkonzept ein „Produkt“ anzubieten, das aufwendig konfiguriert werden muss, mit diversen Schrauben und Werkzeugen, die man unterwegs leicht verliert. Wenn schon ein Stereo-NPA, dann muss der möglichst einfach sein, möglichst universell einsetzbar, zuverlässig und produktionstauglich sein. Bei der Vielzahl von denkbaren Kamera-Objektivkombinationen schien das aber kaum machbar - und wirtschaftlich nicht darstellbar.
Doch der Wunsch, so ein idiotensicheres Stereo-Panoramasystem zu besitzen und für meine eigenen Zwecke zu nutzen, ließ mir keine Ruhe. Alle Entwürfe bis hin zum Twin-SLANT wurden in Hardware realisiert und ausgiebig getestet. Einige habe ich bald wieder verworfen, bis ich auf ein sehr einfaches Konzept kam. Das lässt sich leicht für eine Vielzahl von Systemkamera-Bodies realisieren. Ob MFT, APS-C oder sogar Sony A7, solange entweder das 7,5mm Samyang Fisheye, das 7,5mm 7artisans oder ein Samyang f2,8/8mm Fisheye verwendet wird, kann so ein Twin-NPA verwendet werden.
Diesen Twin-NPA "BINOKEL" haben wir inzwischen als Kleinserie aufgelegt.
Die Kamera-Bodies können dabei im Hochformat auf Minimalabstand gebracht werden und erlauben so 150° vertikalen Bildwinkel. Die Stereo-Basis beträgt minimal 65mm mit den Fujis, das ist ideal, gerade Augenabstand.
Der komplette NPA besteht natürlich aus nur wenigen Komponenten und kann ohne irgend ein Werkzeug verwendet werden – auch auf dem Rotator „plus“ wie hier im Bild. Dessen Rastung R24 ist perfekt für einen Nahpunktabstand von mindestens 1,2m.
Dieses s3D-Pano wurde genau so mit Rastung R24 aufgenommen - wohlgemerkt: bei ca. 1m Nahpunktdistanz mit einem Nodalpunkt-OFFSET von über 3cm (!), automatisch gestitcht ohne manuelle Eingriffe und ohne Retusche o.ä.
Wir können den BINOKEL für 65mm und 80mm Stereo-Basis produzieren, bieten ihn zunächst aber nur für die oben genannten Fisheye-Objektive an.
Ein Prototyp mit 80mm-Basis erlaubt es uns, größere Kamerabodies wie die Sony A7 oder A7II zu verwenden - oder zwei kleine Fujis im slanted-Mode. Damit sind dann Stereo-Panoramen mit nahezu 180° vertikalem Bildwinkel machbar.
Stereo auf 180°x360° - das ist dann "verax omnistereo".
Nachtrag 25.3.2017
Hier ein Beispiel einer belebten Szene mit ca. 1,2m Nahpunktdistanz, vorgestern aufgenommen mit dem abgebildeten BINOKEL TwinSet mit 65mm Stereobasis und zwei synchron ausgelösten Fuji X-M1 (24 Auslösungen, Belichtungszeit 1/40 s, Blende 8).
Zum schnellen Stitchen verwendete ich die unbearbeiteten JPGs direkt aus der Kamera (es ging ja nur um die Demonstration der Synchronisation), ohne jegliche Bearbeitung oder Photoshop. Die Panos wurden mit PTGUI Pro 10.15 mit reduzierter Auflösung generiert, direkt nach krpano gespielt und dann die Tour auf den Server geladen.
Die abgebildeten Personen sind keine Statisten, sondern Besucher, die zufällig ins Bildfeld geraten sind, während ein Seitz-Motorkopf seine 24 Schritte abspulte und ich an der Theke den Cappuccino genoss. Der angeschnittene Schatten der Person auf dem Motorrad zeigt am Boden die Schnittlinie zwischen dem ersten und letzten Quellbild der Serie.
Zum Anschauen in stereoskopischem 3D brauchen Sie eine VR-Brille und ein Smartphone.
Nachtrag 29.10.2017
Auf der Photo & Adventure in Wien im November 2017 stellen wir ein ultra-kompaktes binokulares Setup für Stereo-Panoramafotografie auf Basis eines Twin-SLANT-NPAs vor. Mit nur 24 Auslösungen lassen sich mit allen Fullframe- oder Portrait-Fisheyes voll sphärische Stereo-Panoramen anfertigen. Dieses innovative Stereo-Panoramasystem gewährleistet einen sehr tief liegenden Schwerpunkt und ist daher praktisch schwingungsfrei. Als Panoramaplatte dient der präzise rastende Rotator "plus".
Stereo-Nodalpunktadapter und Panoramaplatte bringen zusammen gerade 285 Gramm auf die Waage.
Anmerkungen:
1. Man fragt sich, mit welcher Berechtigung wir sonst den Leuten erklären, dass sie einen auf Bruchteile von Millimetern genau konfigurierten Nodalpunktadapter für Panoramafotografie brauchen, wenn man auch Panoramen aus Aufnahmeserien stitchen kann, die mit mehreren Zentimetern, ggfs, bis zu einem halben Meter Nodalpunktversatz aufgenommen wurden.
Die Erklärung ist folgende:
1.1 Der zulässige Versatz der Rotationsachse gegenüber der Eintrittspupille nimmt mit dem Aufnahmeabstand zu. Das gilt in stereo genauso wie in mono.
1.2 Mit einem konventionellen Stitchingprozess erkauft man sich jedes Mehr an Versatz durch entsprechend mehr Aufnahmen, von denen man nur Teilbereiche zum Stitchen heranzieht. Die Parallaxe benachbarter Aufnahmen wird dadurch entsprechend reduziert und letztlich verteilt sich der zwangsläufig auftretenden Stitchingfehler auf so viele "Nähte", dass er kaum mehr in Erscheinung tritt.
1.3 Bei derart aufgenommen Aufnahmeserien sind Stitchingfehler trotz des großen Nodalpunktversatzes vermeidbar. Dazu muss der Stitchingprozeß mit PTGUI Pro entsprechend streng kontrolliert geführt werden.
2. Alle Aussagen in diesem Beitrag bzgl. Stereo-Basis und notwendiger Anzahl von Aufnahmen gelten unter der Prämisse, dass man den Stitchingprozeß mit PTGUI Pro kontrolliert aufsetzt und beherrscht. Als zulässigen Stitchingfehler im nativen Panorama hatte ich zunächst 0,2% der Sensorbreite im Hochformat festgelegt. Bei einem 16 Megapixel-Sensor sind das knapp 7 Pixel. Dieser zulässige Stitchingfehler ließ sich im Verlauf der Arbeiten reproduzierbar auf unter 3 Pixel reduzieren.
3. Stereo-Panoramen betrachtet man in der Regel auf der VR-Brille bei reduzierter Auflösung. Dabei werden Stitchingfehler ebenfalls skaliert. Der unter 2. genannte Stitchingfehler im nativen Panorama ist dann auf der VR-Brille nicht mehr sichtbar.
4. Die o.a. Goldene Regel zur Berechnung der Anzahl erforderlicher Aufnahmen abhängig vom Nahpunktabstand und der Stereo-Basis gilt, wenn man "normal" stitcht, so wie man es mit einem monoperspektivischen Panorama gewohnt ist.
Tatsächlich lässt sich diese Limitierung mit PTGUI Pro aushebeln. Ich nenne das multiperspektivisch sphärisches Stitchen. Damit konnte ich mit PTGUI Pro (derzeit V10.15) bei gleicher Stitching-Qualität die Anzahl der Aufnahmen von anfangs 72 auf generell 24 Aufnahmen reduzieren.
Der Durchbruch gelang mir allerdings erst nach über einem Jahr intensiver Entwicklungsarbeit mit einem neuen Ansatz für den Stitchingprozeß. Damit lassen sich Panoramen aus Quellbildern auch fehlerfrei stitchen, die aus definiert unterschiedlichen Perspektiven aufgenommen wurden. Der Prozess eignet sich für monokular und binokular aufgenommene Aufnahmeserien.
Diese ausgefeilte Stitching-Technik "multiperspektifisches Stitchen" will ich hier aber nicht offenlegen.
Kommerziellen Anwendern kann ich entsprechende Schulungen anbieten.
Nachtrag 2020: PTGUI 11 erlaubt es, die reale Fisheye-Projektion perfekt zu modellieren. Damit lässt sich die Anzahl der Aufnahmen für Stereo-Panoramen bei gleicher Stitchingqualität weiter reduzieren (ca. 16, minimal 12 Aufnahmen).
5. Bislang bin ich im Text allein auf den Aspekt "Stitchen" eingegangen. Nach der Aufnahmetechnik ist das Stitchen die zweite aber noch nicht die letzte Hürde zum sphärischen Stereobild. Die in der 3D-Community leidenschaftlich diskutierten "Stereoregeln" gelten bei der Generierung eines Stereopanoramas entsprechend. Daher ist z.B. die Definition der Scheinfensterebene genauso ein Aspekt beim multiperspektivischen Stitchen wie die Vermeidung des Höhenfehlers. Die Stereoregeln allein sind für Stereo-Panoramen nicht hinreichend. D.h, selbst wenn man das alles beachtet, kann das imaginäre "Raumbild" beim Betrachten mit hochauflösender VR-Brille noch zerfallen, wenn ein Teil der Aufnahmetechnik oder des Stitchens nicht optimal geführt wurde.
6. Stereo-Fotografen in Deutschland haben sich in der Deutschen Gesellschaft für Stereoskopie e.V. "DGS e.V." organisiert und Regeln für Stereo-Fotografie formuliert, die grundsätzlich auch für Stereo-Panoramafotografie gelten.
Ich habe 2016 beim DGS-Treffen in Weimar die Methode zum sphärisch gestitchten OmniStereo-Panorama präsentiert und mit den ersten OmniStereo-Panos gezeigt, dass es - entgegen der bis dato vertretenen Meinung doch geht.
Ich bin nicht Mitglied bei der DGS.
Unter folgenden Links gibt es viel Information zur Stereo-Fotografie:
https://www.stereoskopie.org/de/
https://www.stereoskopie.org/de/stereoskopie/goldene-regeln.html
https://www.stereoskopie.org/images/pdf/dgs-standard.pdf
Anmerkung (Februar 21): Aktuell erhalten wir zunehmend Fragen zu obigem Blogbeitrag. Der wurde über die Jahre mehrfach ergänzt und erscheint inzwischen nicht mehr aus einem Guß, insbesondere hinsichtlich der Anzahl der erforderlichen Aufnahmen. Diese scheinbaren Widersprüche erklären sich daraus, dass ich im Lauf der Zeit den Stitchingprozeß immer weiter verbessern konnte, auch dank neuer Features in PTGUI 11. Mit dem aktuellen Prozess für multiperspektivisches Stitchen verwende ich inzwischen generell 24 Auslösungen (15° Rastung), wenngleich mit Abstrichen, d.h. bei reduzierter Auflösung (z.B. 7.500 Px/360°), auch 16 Auslösungen oder noch weniger ausreichen.
Anhang | Größe |
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Peleg et.al. "OmniStereo" | 2.96 MB |
1999 Peleg: OmniStereo | 388.18 KB |
Kommentare
Omnistereo-Pano
Hallo Herr Hopf, wieder mal bin ich beeindruckt von Ihrem Einsatz, Lösungsansatz und physikalischem Hintergrund! Für solch ein System hätte ich sofort Interesse,- Bezahlbarkeit vorausgesetzt. Zur Vorgabe, nur statisches Umfeld aufnehmen zu können: Wenn es noch die Möglichkeit gäbe, vorne einen entsprechenden flächigen ND-Filter anzubringen, könnte man ja v.a. bei genügend Licht draußen und entsprechend langen Verschlußzeiten die Menschen "ausblenden", was ja bei belebten Orten ohnehin zu empfehlen ist. Wäre das möglich? Damit würde sich der Einsatzbereich enorm erhöhen!
"Statisches Umfeld" vs. Synchronisation
Es ist grundsätzlich möglich, ein ND-Filter zu verwenden. Allerdings haben die Fisheyes kein Filtergewinde. Man muss also etwas basteln. Mit einem binokularen Setup, also zwei synchron ausgelösten Kameras, kann man aber auch belebte Szenen aufnehmen und fehlerfrei stitchen. Ich habe ein entsprechendes s3D-Panorama aus der BMW-Welt in München nachträglich angehängt.
"Statisches Umfeld"
sehr beeindruckend, ihr Beispiel !
Dann braucht es natürlich keinen ND-Filter mehr.
(Omni)-Stereo Aufnahmetechnik
Die Quadratur des Kreises ...
Respekt !
Was Sie das gemeistert haben, das ist meines Wissens bislang einmalig.
Stereo-Panos findet man ja mehrfach im Netz, aber diese hier gezeigte nahezu Perfektion, die hervorragende räumliche Darstellung auf 360° mit so viel Tiefe und das ohne sichtbare Stitchingfehler selbst im Nahbereich - das ist unglaublich.
Was man sonst auf der 3D-Brille zu sehen bekommt ist dagegen wirklich MIST.
Jetzt warte ich gespannt auf die Erklärung, WIE Sie das tatsächlich machen !
Die Aufnahmetechnik allein kann es ja nicht sein. Ich habe alle Hinweise Ihres letzten Blogbeitrags zur Aufnahmetechnik befolgt, monokular und binokular, - aber die Stitchingqualität der hier gezeigten Beispiele erreiche ich nicht, geschweige denn den perfekten räumlichen Eindruck auf nahezu 360°x180°.
WIE GEHT DAS ???
Julius
Wie geht das ?
Den Prozeß nenne ich multiperspektivisches Stitchen.
Jetzt hier beschrieben.
Haben Sie schonmal versucht,
Haben Sie schonmal versucht, das System 7,5 Grad nach oben zu schwenken? Dadurch würde man womöglich auch mit der X-M1 den Zenit mit auf dem Bild haben. Mit der Einkamera-Lösung gelingen mir so gute Stereoskopische Ergebnisse.
nach oben schielend...
Ja, mit dem monokularen Setup ist das Schielen kein Problem.
Aber mit einem schielenden binokularen Setup sind Zenit und Nadir kaum perfekt zu stitchen.
Der BINOKEL erzwingt daher genau fluchtende, horizontale optische Achsen.
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