Das ist ein erster Erfahrungsbericht zur Schwenk-Panoramafunktion mit der NEX. Sicher ist dieser Bericht noch nicht vollständig. In den nächsten Tagen werde ich vielleicht noch das eine oder andere weiter ausführen.
Sie haben ja die Möglichkeit, diesen Blog zu kommentieren und selbst zu ergänzen.
Die Sony NEX 5 verfügt über zwei Schwenk-Panorama-Modi: den Standard-Modus und den 3D-Modus. Mangels 3D-Wiedergabemöglichkeit konzentriere ich mich hier auf den Standard-Modus. Zum Aktivieren der Schwenkpanorama-Funktion muss man die Kamera auf den entsprechenden Modus einstellen. Die Schwenkrichtung kann man in einem weiteren Menü-Punkt vorwählen. Alle vier Schwenkrichtungen sind möglich. Ich nutze nur den für konventionelle Panoramas üblichen Rechtsschwenk. Schwenkt man die Kamera anders als vorgewählt, bricht sie nach ein paar Aufnahmen die Aufnahmeserie ab. Sobald man die Schwenkpanorama-Funktion vorwählt, schaltet die Programmautomatik der Kamera auf 1/500 sek Belichtungszeit und führt offensichtlich die Blende während der Aufnahmenserie nach. Auch +/- EV-Korrekturen wirken nur auf die Blende. Der Fokus-Modus ist ebenfalls wahlweise als Autofokus oder Manuel vorzuwählen. Ich stelle zunächst nur auf Autofokus und beschränke mich auf das Aufnahmeformat JPG.
Drückt man den Auslöser, rattert der vertikal ablaufende Metall-Lamellen-Schlitzverschluss unüberhörbar mit vielleicht 5 Bildern pro Sekunde los. Die Bildfrequenz bleibt dabei unabhängig von der Winkelgeschwindigkeit des Schwenks konstant. Nach etwa 8 Sekunden stoppt das Geratter, das man dem schicken Teil gar nicht zutraut. Die Kamera braucht dann nur noch eine knappe Sekunde um die Bilddaten zu verarbeiten. Allerdings bricht die Kamera konsequent ab, wenn man den Schwenk zu schnell oder zu langsam ausführt, oder die Kamera diagonal schwenkt. Es ist jedoch hinreichend Spielraum und man entwickelt sehr schnell die Routine für abbruchfreie Schwenk-Panoramen. Natürlich reizt das auch zum Spielen und Erproben, zum Beispiel was passiert, wenn man die Winkelgeschwindigkeit während des Schwenke variiert. Mehr dazu später. Die NEX speichert nur das fertige Panorama ab, nicht die Einzelbilder. Im Fall eines Abbruchs werden gar keine Bilddaten auf der Speicherkarte abgelegt.
Schwenkt man die Panorama freihand - und so ist es ja wohl auch gedacht, dann rotiert die Kamera um keine starre Achse, sondern je nach Haltung und Armlänge des Fotografen auf einer beliebigen Bahn, jedenfalls um alles andere als den berüchtigten Nodalpunkt.
Genau so propagiert Sony auch die Schwenk-Panorama-Funktion auf der Sony Homepage.
Das wird ja nie was - so denkt sicher jeder vorbelastete Panoramafotograf.
Ich beginne jedenfalls nicht mit dem Freihand-Schwenk, sondern will mir das System schrittweise erschließen, indem ich zunächst die Kamera mit dem 16er Pancake auf einem MiniRail montiere und mit Hilfe des MiniRotors nichtrastend nach den Regeln der Panorama-Kunst um die starre, vertikale Achse durch die Position der Eintrittspupille rotiere - natürlich auf dem Stativ.
Ratatatatatatatatat... - das Panorama ist fertig und erscheint sogleich als langes, schmales Bild auf dem Monitor. Auf Knopfdruck läuft das Panorama wie ein Film auf dem Monitor ab. Das hat was ! Gleich nochmal: ratatatatatatatatat.... - und das nächste Panorama ist fertig.
Der iMac ist in Reichweite und soll gleich das Panorama in voller Größe darbieten. Wow ! Der erste Eindruck ist nicht schlecht. In der 1:1-Darstellung suche ich Stitchingfehler - und tue mich schwer. In der horizontalen Bildmitte passt alles. Im Randbereich oben und unten findet das geschulte Auge aber dann doch zahlreiche kleine Passfehler.
Ich fahre an den nahegelegenen See. Es ist trüb und die Wasseroberfläche ist rauh. Kein schönes aber ein kritisches Panorama-Motiv mit Tiefenstaffelung im Nahbereich. Die Kamera rotiert auf dem Stativ um den Nodalpunkt. Ratatatatatatat... - und weil's so schnell ging, gleich nochmal ratatatatatat. Dann das selbe Sujet mit 5 Einzelaufnahmen, die später mittels PTGUI gestitcht werden, und dann das Gleiche nochmals mit dem Fisheye-Vorsatz.
(klicken Sie auf die Bilder, um sie in voller Größe zu sehen)
Jetzt sollen sich die ersten Schwächen offenbaren. Der Fokus wurde anscheinend nicht nachgeführt, aber die Belichtung wurde sauber angepasst. Vor allem in der unruhigen Wasseroberfläche verraten zahlreiche vertikale Säume mit unsauberen Übergängen "hier wurde gestitcht". Interessant ist, dass die Säume recht dicht beieinander liegen: der Abstand schwankt zwischen 100 und 150 Pixel. Anscheinend ist die schwankende Breite auf die schwankende Winkelgeschwindigkeit bei der manuellen Rotation der Kamera zurückzu-führen. Aber egal wie schnell und entsprechend weit ich während eines Bursts rotiert hatte - das Bild ist immer gleich breit.
Legt man konventionell gestitchtes Zylinderpanorama und das Schwenkpanorama in Photoshop übereinander, erkennt man ganz deutlich, was die NEX eigentlich macht:
- Sie beschneidet (im Horizontalschwenk) die Bildhöhe auf 1856 Pixel indem die jeweils oberen und unteren 600 Pixel nicht verwendet werden: vom vertikalen Bildwinkel werden nur 60% genutzt. So nutzt die NEX nur die Bildinformation aus dem nicht oder nur schwach gekrümmten Bildteil.
- aus jedem Einzelbild des Bursts wird ein schmaler, vertikaler Streifen verwendet, dessen Breite einem festen Zeitfenster entspricht. Das Zeitfenster ist durch die maximale Bildfrequenz des Lamellen-Schlitzverschlusses definiert. Das ist vom Ansatz das Schlitzkameraprinzip, nur gröber.
- diese vertikalen Streifen werden nicht gewölbt, sondern "flach" gestitcht
- die gesamte Breite des (horizontalen) Panoramas beträgt 8192 Pixel. Der gesamte Bildwinkel hängt vom Objektiv ab, aber nicht von der Rotationsgeschwindigkeit.
- die mittleren Pixelzeilen werden perfekt gestitcht - hier unterscheiden sich ja gewölbtes und flaches Panorama ohnehin kaum
- je größer der vertikale Abstand von der Mittellinie ist, desto größer ist im Schwenk-Panorama die Abweichung der Pixelposition von der Sollposition. Das Schwenkpanorama ist daher von der Höhe her etwas gestaucht, was aber ohne die Referenz nicht auffällt.
Mit der Technik der Aneinanderreihung sehr schmaler, vertikaler Zeitfenster ist es tatsächlich nahezu irrelevant, um welche Achse die Kamera rotiert wird. Der (horizontale) Bildwinkel der "Quellbilder" ist so klein, dass Anschlußfehler kaum auftreten bzw. nicht auffallen. Selbst belebte Szenen müsste man so in einem Panorama erfassen können. Die zum Bildrand hin zunehmenden Verzeichnungen fallen ohne die Referenz nicht auf, zumindest nicht bei unregelmäßigen Strukturen.
Einzelbild / Sensorgröße | 4592 x 3056 Pixel | ca, 7 MB JPG |
Panorama-Größe (horizontal) | std: 8192 x 1856 Px 4,4:1 | wide: 12416 x 1856 Px 6,7:1 |
Panorama-Größe (vertikal) | std: 2162 x 3872 Px 1,8:1 | wide: 2162 x 5536 Px 2,5:1 |
Ich denke, die Schwenkpanorama-Funktion wird viele Kunden begeistern.
Klar, professionellen Anforderungen an ein Panorama kann sie (noch) nicht genügen, auch weil die erforderliche kurze Belichtungszeit einschränkt. Aber wenn es darum geht, schnell und ohne jeden Hard- und Software-Overhead einen Eindruck einzufangen, egal ob auf der Bergwanderung oder an der Reling eines Schiffs stehend, ist das für viele Amateure eine tolle Erweiterung zur Fotografie und der eingebauten Video-Funktion.
Ich verstehe diese Sweep-Panorama-Funktion als ersten Schritt zum "on-the-fly stitching" in einer Consumer-Kamera. Dieser Weg kann und wird sicher weiter verbessert werden. Verzichtet man auf den Schlitzverschluß und liest die Sensordaten spaltenweise aus, ist man beim bekannten Schlitzkameraprinzip. Oder was spricht alternativ dagegen, die Pixeldaten jedes Zeitfensters "unbeschnitten" in realtime durch eine "warp"-Algorithmus zu schicken, der mit den tatsächlichen Objektivdaten gefüttert ist, sie anschließend durch einen Sift-Algorithmus zu pressen und mittels der Kontrollpunkte pixelgenau zu Stichen ?
- technisch nur die derzeitige Limitierung von Rechenleistung und Datenrate.
Schreibt man aber die Pixeldaten des Burst in einen Cache und verzichtet auf die realtime Verarbeitung, kann das der Kameraprozessor vermutlich schon jetzt (klar, eine RAM-Erweiterung und Software braucht's noch). Dann ist das Schwenkpanorama in einer Minute fertig und fehlerfrei. Diese Funktionalität lässt sich in das iPhone noch leichter integrieren als in die NEX.
NEX, das ist wohl der Anfang einer neuen Ära in der Panoramafotografie:
Der Ära "Nodalpunkt, was ist das" ?
Kommentare
"Nodalpunkt, was ist das" … den muss man sich merken ;)
Die Entwicklung gehr sowieso in Richtung "immer liberaler". Ich erinnere mich noch, wie unverzeihlich die frühen Stitcher waren. Der erste Stitcher auf dem Markt überhaupt, Apple QuickTime VR Authoring Studio (QTVR AS), dessen Funktionsumfang ich bei PTGUI & Co. immer noch vermisse, brach das Stitchen mit einer Fehlermeldung ab, sobald eine auch noch so kleine Ungereimtheit vorkam. Oder etwas, was die Software für eine Ungereimtheit hielt. Es reichte schon eine kleine Abweichung beim Rasten, eine minimale Schiefstellung des Stativs, schon gab es gar kein Panorama, Punkt aus. Da ist der Fortschritt schon gewaltig. Was mit einem iPhone geht, erstaunt mich immer wieder. Immer noch kein Grund, meine "große" Kamera einzumotten, aber eine hochinteressante Entwicklung auf jeden Fall.
Nodalpunkt, was ist das...
Die aktuellen Softwarepakete können tatsächlich viel mehr - aber eines kann die beste Software nicht: Einen Parallaxenfehler kann die beste Software nicht korrigieren.
Die zulässige Toleranz für die Nodalpunktposition ist und bleibt 1,5mm pro Meter Abstand zum Nahpunkt. Das gilt für eine Spiegelreflex genauso wie für die Kamera im Handy - aber nur, wenn das Panorama aus Bildern zusammengesetzt wird, die ca. 25% überlappen.
Die integrierte Panoramafunktion der NEX und vieler ähnlicher Kameras, auch dem iPhone, aber funktioniert anders: es werden VIELE schmale, vertikale Bildstreifen zusammengesetzt während man die Kamera schwenkt.
Das ist im Prinzip die Funktion einer Schlitzkamera.
Dabei sind beide, der Bildwinkel und der Schwenkwinkel zwischen den Aufnahmen so gering, dass kaum Parallaxe auftritt. Das typische Sujet ist dabei eine Landschaft mit dem Nahpunkt im Unendlichen, also auch unkritisch.
Der Fortschritt (darf man das überhaupt so nennen ?) liegt also nicht in der Software, sondern in der Aufnahmetechnik - und den anspruchslosen Anwendungen.
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