Hubraum ist durch nichts zu ersetzen - außer durch noch mehr Hubraum - das wissen alle Motorradfahrer.
Erfahrene Fotografen wissen, dass Sensorgröße durch nichts zu ersetzen ist, außer ...
Dabei war der jahrelange Trend zumindest im Bereich der Konsumerkameras ein anderer:
Der Sensor wurde (flächenmäßig) immer kleiner. Verkauft wurden neben schickem Kameradesign hauptsächlich MEGAPIXEL. Und je kleiner die Kameras wurden, desto lieber wurden sie gekauft: 12 Megapixel für das Handtäschchen, 15 Motivprogramme inklusive. Inzwischen scheint dieser Trend gebremst, wohl auch, weil sich rumgesprochen hat, dass die Bilder mit mehr Megapixeln eher schlechter werden.
Die Marketingstrategen der Kamerahersteller setzen jetzt auf X-Zooms: 12x, 16x, 30x - die Kamera mit Super-Tele für die Hosentasche.
Früher war das anders.
Da hatte man ein lichtstarkes 50er Normal-Objektiv, ein 35er Weitwinkel und das 135er Tele. Später gab's dann auch 28er, 24er und 20er Superweitwinkel für das Vollformat.
Ich will mich hier nicht über Bildwinkel auslassen, sondern ein paar Faustregeln zu Brennweiten für Panoramafotografie geben, die sich auf Kompaktkameras übertragen lassen.
1. Die Normalbrennweite entspricht der Film- bzw. Sensordiagonalen
Die beträgt beim Vollformat ("früher Kleinbild") 43,3mm.
Das klassische 50er ist so ein Objektiv.
2. Das "kleine Weitwinkel" hat 3/4 dieser Brennweite: Früher das klassische Reportage-Objektiv an der Leica mit 35mm, heute eher bedeutungslos (Fuji X100-Besitzer sehen das natürlich anders).
3. Das "richtige" Weitwinkel hat 2/3 der Normalbrennweite (28mm am Vollformat). Heute ist das die übliche, kürzeste Brennweite bei Kit-Objektiven an DSLRs und bei Kompaktkameras.
4. Das Superweitwinkel hat die halbe Normalbrennweite, also 20...24mm am Vollformat. Dabei ist das 21er Zeiss Distagon am Vollformat das Maß aller Dinge. Ansonsten ist dieser Brennweitenbereich für Systemkameras meist als Super-Weitwinkel-Zoom verfügbar. Bei Kompaktkameras ist das Superweitwinkel fast nicht anzutreffen.
In der Panoramafotografie kommt meist die kürzeste Brennweite zum Einsatz. In der Regel will man ja einen großen Bildwinkel einfangen. Über die Objektivwahl habe ich meine Meinung bereits früher dargelegt: http://pt4pano.com/de/blog/welches-objektiv-f-rs-pano
Meist hat der Panorama-Einsteiger eine DSLR (meist APS-C/DX-Format) und ein Kit-Zoom-Objektiv. Der "Absteiger", dem seine DSLR zu schwer geworden ist, verwendet entweder eine kleine Systemkamera (MFT, NEX, Nikon1...) oder auch eine gute Kompaktkamera.
Für manche unserer Kunden, die Kompaktkameras für Panoramafotografie einsetzen, ist aber die Panorama-Brennweite und die Sensorgröße bislang ein Buch mit 7 Siegeln.
Kein Wunder: Die Kamerahersteller tun ja auch alles, damit das so bleibt.
Bei einem Motor ist das einfacher: mehr ccm heisst mehr Hubraum. Mehr PS heisst mehr Leistung. Je größer die Zahl, desto mehr, desto besser.
Bei der Sensorgröße aber wird's kryptisch: Vollformat/FX, APS-C/DX und MFT - das geht ja noch. Cropfaktor 1,5 oder 2 - das versteht zumindest, wer sich dafür interessiert.
Aber Sensorgröße 1/2,33" oder 1/1,7", jetzt auch 2/3".
Ist 1/2,33" jetzt mehr und folglich besser als 1/1,7" oder nicht ?
Die Sensorgröße als Kehrwert anzugeben - das ist bewusste Irreführung, vorsätzliche Kundenverdummung.
Und das Tolle ist: mancher sogenannte Fachverkäufer bei Geiz-ist-geil und Co. blickt es auch nicht. Gelegentlich mache ich mir einen Spaß und lasse mir eine neue Kamera erklären: Unglaublich, was für einen Stuss manche Verkäufer erzählen.
Da die Länge der Sensordiagonale identisch ist mit der Normalbrennweite der Kamera würde es reichen, wenn man nur diese Länge spezifiziert, wie folgende Tabelle zeigt.
Tatsächlich geben die Sensor-Hersteller in den Datenblättern zumindest bei den Sensoren für Kompaktkameras als wichtigstes Merkmal die "optical size", also die Diagonale an.
Klar, da spricht man ja mit Kameraherstellern auf Augenhöhe und nicht mit Endkunden.
Format | mm x mm | mm2 | fnorm (mm) | crop | Beispiel |
Kleinbild | 24 x 36 | 864 | 43,3 | 1,0 | Canon 5DMk2 |
APS-C digital | ca. 15,6 x 23,5 | 366 | 28 | 1,5 | Sony NEX |
3/2" | 14,0 x 18,7 | 262 | 23,4 | 1,8 | Canon G1X |
4/3, MFT | 13,0 x 17,3 | 225 | 21 | 2,0 | Lumix G3 |
1" | 8,8 x 13,2 | 116 | 16 | 2,7 | Nikon J1 |
2/3" | 6,6 x 8,8 | 58 | 11 | 3,9 | Fuji X10 |
1/1,7" | 5,7 x 7,6 | 43,3 | 9,5 | 4,6 | Canon G10 |
1/1,8" | 5,32 x 7,18 | 38,2 | 9 | 4,8 |
Ricoh GR |
1/2" | 4,8 x 6,4 | 30,7 | 8 | 5,4 | |
1/2,33" | 4,6 x 6,2 | 28,5 | 7,7 | 5,6 | Lumix TZ7 |
1/3" | 3,6 x 4,8 | 17,3 | 6 | 7,2 | |
1/4" | 1,944 x 2,592 | 5,0 | 3,2 | 13,4 | iPhone 4 |
Zum Sensor.
In Digitalkameras ersetzt der Sensor den Film. Ein großes Negativformat war früher synnonym für hohe Auflösung und fein abgestufte Farben (Tonwerte). Bei gegebener Negativgröße sind Filmempfindlichkeit und Auflösung gegenläufig (den Einfluß der chemischen Entwicklung betrachten wir hier nicht).
Beim Sensor ist das nicht anders. Je größer die Sensorfläche ist, desto mehr Pixel einer gegebenen Größe passen darauf (Auflösung !) und/oder desto größer kann der Hersteller die einzelnen Pixel auslegen. Die Anzahl der Pixel limitiert die Auflösung des Sensors, die Pixelgröße entscheidet über die Empfindlichkeit und den Tonwertumfang. Je größer eine einzelne Sensorzelle ist, desto mehr Ladung passt hinein. Je mehr insgesamt hineinpasst, desto mehr unterschiedliche Ladungszustände (= Tonwerte) können gespeichert und ausgelesen werden.
Bemerkenswert ist der Unterschied zum Korn des Films: Während ein einzelnes Filmkorn in der analog-Fotografie entweder belichtet war oder nicht (digitale Informationsverarbeitung), ist bei der Digitalfotografie die Kapazität des einzelnen belichteten Pixels mehr oder weniger mit Ladung gefüllt. Die Lichtmenge wird in der Sensorzelle der Digitalfotografie also analog ausgewertet.
Sensorfläche kostet Geld, nur ca. 3 Cent/Quadratmillimeter bei kleinen Sensoren. Aber die Kosten steigen nicht linear, sondern exponentiell mit der Sensorgröße an. Vollformatsensoren kosten daher richtig Geld: Größenordnung 1000 $ pro Sensor.
Der Kostentreiber ist bei Kompaktkameras nicht der kleine Sensor selbst, sondern die Optik: Je kleiner der Sensor, desto kleiner ist der erforderliche Bildkreisdurchmesser. Ein kleiner Bildkreisdurchmesser ist das A und O der Kostensenkung im Kamerabau. Denn kleinerer Bildkreisdurchmesser bedeutet kleinere, also viel billigere Linsen - und gleichzeitig größere Schärfentiefe. Diese wiederum erlaubt größere Toleranzen in der Fertigung und wirkt so ebenfalls in Richtung Kostensenkung.
Also: Ein kleiner Sensor erlaubt kleine, kurze Objektive mit kleinem Bildkreisdurchmesser. Kleine Objektive erlauben die Miniaturisierung bei gleichzeitiger Kostensenkung. Das Ganze schön verpackt und in jeder neuen Auflage mit einer größeren Zahl versehen - das ist das Einmaleins des Marketing im Kamerageschäft.
Und was bleibt auf der Strecke ?
Klar - die Lichtempfindlichkeit und/oder der Tonwertumfang.
Stimmt das ? Die modernen Kompaktkameras glänzen doch mit großen (! siehe oben) ISO-Werten von 6400 und höher. OK - der neueste Marketing-Gag.
Wieviel Kunden verstehen Begriffe wie Signal-Rauschabstand oder Tonwertumfang.
1996 wurde von Kodak und der Kameraindustrie ein neues Filmformat (25,1mm x 16,7mm) eingeführt, das originale APS-C für den Konsumerbereich. Es wurde aber nach nur wenigen Jahren wieder eingestellt: Die Digitalkameras waren unaufhaltsam auf dem Vormarsch und machten ein Konsumer-Format überflüssig. Die Entwicklung der APS-C-Linsen war aber bereits durch das analoge APS-C in vollem Gange. So stand dieses Format Pate für die digitalen Spiegelreflexkameras der beiden großen Hersteller. Nikon und Canon haben sich dann schnell auf eine Sensorgröße um die 23mmx15mm eingeschossen: diese APS-C bzw. DX-Chipgröße ist im Vergleich zum Vollformat noch recht kostengünstig zu fertigen (in dieser Größen-Klasse spielen die Chipkosten sehr wohl eine Rolle).
Verwendet man eine Linse mit dem APS-C-Bildkreisdurchmesser am Vollformat, wird das Bild am Rand beschnitten. Den Beschnitt des Bildfeldes im Vergleich zum Vollformat bezeichnet man als Crop. Das Quotient aus den Sensordiagonalen (Kleinbildformat : kleinerer Sensor) ist der Crop-Faktor. Diese Größe ist bei DSLR's durchaus gängig. Nikon DX hat Cropfaktor 1,5; Canons APS-C hat Cropfaktor 1,6 und die FourThirds haben Cropfaktor 2. Die Normalbrennweite der Kamera muss ganau um diesen Faktor verkürzt werden, damit der (Normal-)Bildwinkel erhalten bleibt.
Digitale Kompaktkameras sind heute fast alle mit einem Zoom-Objektiv ausgestattet. Die Brennweiten liegen entsprechend der kleineren Sensordiagonale dieser Kameras bei deutlich kleineren Werten als beim APS-C oder Vollformat. Betrachten wir als typischen Vertreter der höherwertigen Kompaktkameras die Canon G10:
Sensorgröße: 1/1,7"
14,7 M Pixel
Brennweite: 6,1-30,5mm
Entsprechend der obigen Tabelle verbirgt sich hinter der kryptischen Angabe 1/1,7" ein Sensorchip mit 5,6mm x 7,6mm. Nach Pythagoras beträgt dessen Sensordiagonale 9,4mm. Das ist also auch der Wert für die Normalbrennweite an diesem Sensor. Am Weitwinkelanschlag des Zooms, also bei 6,1mm Brennweite, entspricht der Bildwinkel dieser Kamera einem 28mm Weitwinkelobjektiv am Kleinbildformat (6,1*43,3/9,4=28).
Bei Kompaktkameras spricht man in der Regel nicht vom Cropfaktor. Die Bedeutung dieses Wertes wäre zu transparent, zu wenig kryptisch. Die G10 mit dem 1/1,7"-Sensor hat den Cropfaktor 4,6 (43,3/9,4).
In letzter Zeit kommen mehr hochwertige Kompaktkameras und spiegellose Systemkameras mit kurzem Auflagemaß auf den Markt. Sehr gern werden diese auch für Panoramafotografie eingesetzt, sogar im Profibereich. Bisher waren das hauptsächlich Kompaktkameras mit 1/1,7"-Sensoren oder MFT Systemkameras.
Die neue Canon G1X und die Fuji X10 markieren derzeit die Spitze des Feldes panoramatauglicher Kompaktkameras- auch, weil sich die vielen Automatikfunktionen alle abschalten lassen.
Die Sony NEX, die Fuji X1 Pro und die MFTs repräsentieren die Spitzenklasse der kompakten Systemkameras - hinter der Leica M9, die schon lange vorher da war. Das gemeinsame Merkmal dieser Systemkameras ist, dass das Auflagemaß deutlich kleiner ist als die Sensordiagonale.
Und dann gibt's auch noch die Nikon 1...
Der Trend hin zum immer kleineren Sensor ist sicher noch nicht gestoppt. Aber es gibt jetzt zumindest wirklich gute, kompakte Kameras zu erschwinglichen Preisen. Die meisten starten bei einer Weitwinkel-Brennweite von 28mm (umgerechnet auf Kleinbild gemäß obigem Beispiel). Bei dieser Brennweite sind sie sehr gut auch für Panoramafotografie einzusetzen.
Den Bildwinkel dieser Kameras, den erforderlichen Schwenkwinkel bzw. die am rastenden Rotator einzustellende Rastung kann man mit dem PanoramaCalculator leicht berechnen.
Wir tragen dieser positiven Entwicklung Rechnung mit dem Panorama-KompaktSet für die Kompakten - und dem in Kürze lieferbaren MidiSet für die etwas Größeren.
Kommentare
Fuji X100 - Neukauf Sony RX100 od. Samsung EX2F od. Pana LX 7 ?
Hallo,
vorab einmal großes Kompliment über diese wirklich ausezeichnete Information zu Digicam und auf was es letztendlich ankommt (außer natürlich auf den jeweiligen individuellen Blickwinkel). Es stimmt tatsächlich, daß nur selten ein Fotoverkäufer über die Details, über wichtige Parameter Bescheid weiß. Andererseits wird von Kundenseite auch nicht danach gefragt. Bin mit meiner Fuji X 100 sehr zufrieden und überlege mir ernsthaft, ob ich mir den WCL Weitwinkelkonverter f. eine Brennweite von 28 mm kaufen soll. Das ist dann wieder ein sep. Teil zum an- und abschrauben.
Meine Canon S 100 erfüllt als Hosentaschenkamera eigentlich voll ihren Zweck. Trotzdem reizt mich eine der NEUEN, wie oben angeführt. Warten wir einmal die Photokina ab.
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