Ein voll sphärisches Panorama erfasst den gesamten Raum als Kugel mit 360°x180°, in deren Zentrum sich die Eintrittspupille des Kameraobjektivs befindet. Es bildet also auch die Pole ab: Zenit ("Nordpol") und Nadir ("Südpol"). Bei der Aufnahme steht im Nadir das Stativ mit dem Panoramasystem, das von oben herab im Bild erfasst wird. Je nachdem, wie das Panoramasystem konstruiert ist, schattet es einen mehr oder weniger großen Motivbereich ab, indem es selbst im unmittelbaren Vordergrund abgebildet wird. Kommerziell arbeitende Panoramafotografen blenden daher häufig im Nadir ein rundes Firmenlogo ein und decken so das Aufnahmesystem ab. Ehrgeizige Fotografen erstellen ein Nadirbild des Motivs ohne Stativ (meist freihand) und stitchen die erforderlichen Bildteile mittels Viewpoint Correction in das Panorama. Weniger anspruchsvoll ist das nachträgliche Zustempeln in Photoshop. Egal wie, ein Postprocessing des Nadirs ist für viele Fotografen ein Muss - und umso aufwendiger, je größer die Abschattung ist.
Unsere Produkte sind konsequent auf minimale Abschattung optimiert: KISS, SLANT und MultiRow weisen eine sehr kleine Basis mit 44mm Durchmesser auf. An MiniRotor, Rotator und David... gibt es keinerlei radial angeordnete Elemente (Griffe, Stellschrauben o.ä.). Sie sind völlig rotationssymmetrisch aufgebaut und verschwinden fast gänzlich im Schattenwurf dieser Basis.
Wir unterscheiden bei der Abschattung durch Gerätekompo-nenten zwischen der harten und der weichen Abschattung.
Um dies zu erläutern, stellen wir uns das Setup für ein Kugel-panorama, aufgenommen mit einem Fullframe Fisheye und einem multi-row Panoramasystem vor. Mit diesem Setup braucht es 8 Aufnahmen, je 4 mit um 45° nach oben und unten geneigter Kamera. Im Zenit, am Äquator und im Nadir überlappen die Aufnahmen deutlich.
Nun betrachten wir eine Aufnahme der unteren Hemnisphäre und schauen quasi senkrecht nach unten zum Süpol.
Die Bildelemente dieses Ausschnitts lassen sich in 4 Bereiche gliedern:
- Den wichtigsten Bildbereich in Aufnahmerichtung mit einem Öffnungswinkel von 90° (4 Aufnahmen !), hier grün markiert. Dieser soll im Panorama erscheinen. Er ist zwangsläufig zum Stitchen erforderlich.
- Der links und rechts anschließende Bildbereich mit dem Hauptmotiv (gelb markiert). Dieser ebenfalls erforderliche Bereich enthält die Kontrollpunkte im "Überlapp" und ist redundant vorhanden. Dieser Bildinhalt ist in den angrenzenden Aufnahmen der Kategorie 1 zugeordnet.
- Die Abschattung durch die Basis des Panoramasystems, des Rotators und ggfs. radial abstehende Elemente des Stativkopfs, je nach Stativ auch die unteren Segmente der Stativbeine, kurz: all das was nicht zum eigentlichen Motiv gehört und sich beim Rotieren der Kamera nicht mitdreht. Diese Abschattung bezeichnen wir als "harte" Abschattung, weil das eigentliche, verdeckte Motiv nicht durch redundante Bildbereiche wiederhergestellt werden kann. Diese Bereiche sind rot markiert.
- Die Abschattung durch den Ausleger oder Schenkel des Panoramasystems, die sich beim Rotieren der Kamera mitdrehen. Diese (orange markierte) "weiche" Abschattung taucht auf jedem Bild gleich auf, überdeckt aber in jedem Bild andere Bereiche des Hauptmotivs.
Damit kann das Hauptmotiv in den derart abgeschatteten Bereichen durch (gelb markierte) redundante Bildbereiche angrenzender Quellbilder beim Stitchprozeß wieder hergestellt werden.
Folglich ist die harte Abschattung ein wesentliches Merkmal eines Panoramasystems.
Zur Quantifizierung der harten Abschattung könnte man im Prinzip die Pixel zählen. Sinnvoller ist es, den abgeschatteten Raumwinkel Ω aus den Konstruktionsdaten des Panoramasystems zu berechnen und dann anschaulich als Prozentwert der gesamten Kugelfläche anzugeben.
Der abgeschattete Raumwinkel hängt sowohl von der Basis des Panoramasystems bzw. Stativkopfes ab wie auch von der Höhe, aus der diese Komponente fotografiert wird. Alle Hersteller von Panoramasystemen mit großer Basis kompensieren daher den Raumwinkel durch einen großen Abstand - also große Schenkellänge - und machen so das Panoramasystem unhandlich und schwer. Mit KISS, SLANT und MultiRow gehen wir konsequent in die entgegengesetzte Richtung: Da die Basis unserer Panoramasysteme so klein ist, können wir auch deren Schenkel sehr kurz halten (Beispiel).
Für unsere Panoramasysteme sind die Werte für den Raumwinkel Ω der harten Abschattung in folgender Tabelle zusammengestellt. Die Wettbewerber legen keine Werte für Ihre Produkte offen. Wir haben die Systeme jedoch vermessen. Nur ein Wettbewerbsprodukt erreicht eine Abschattung von ca. 1% des Raumes - bei einer Schenkellänge von deutlich über 20 Zentimetern.
Der Raumwinkel ist eine dimensionslose Größe. Die volle Sphäre hat den Raumwinkel 4Π=12,566.
Setup | harte Abschattung Ω | harte Abschattung Ω in % | Nadir-Bild *) |
KISS & MiniRotor | 0,16 | 1,3 % | |
KISS & Rotator | 0,17 | 1,4 % | cube_face_bottom |
SLANT M & Rotator | ca. 0,12 | 1,0 % | |
MultiRow M & Rotator | 0,076 | 0,6 % | (demnächst verfügbar) |
*) mit PTGUI/Tools aus den rectilinearen Panos generierte Würfelfläche ("bottom")
Die Abschattungen sind daher direkt vergleichbar
Alle Panos sind mit dem selben, freistehenden Monopod aufgenommen.
Deshalb sind keine abgespreizten Stativbeine zu sehen.
Wie immer: kein einziges Pixel retuschiert !
Je nachdem, welchen Rotator man unter dem MultiRow verwendet, beträgt also die Abschattung durch das Panoramasystem 0,6%....3,3% der vollen Sphäre. Die mit Abstand geringste harte Abschattung (0,6% des vollen Raumes) wird derzeit mit der Kombination MultiRow & Rotator erreicht.
In den einzelnen Quellbildern des Panoramas sind die Bereiche weicher Abschattung zum Teil wesentlich größer durch den Beitrag der Schenkel des VR-Systems. Diese Bereiche können entweder im Postprocessing mit dem Radiergummi in Photoshop entfernt oder direkt in dem Maskierungs-Tool in PTGUI maskiert werden. Sie tauchen dann im gestitchten Panorama nicht auf.
Der weich abgeschattete Bildanteil ist aber nicht unkritisch. Je größer er ist, desto weniger Kontrollpunkte findet der Stitcher. Ist der weiche Anteil zu groß, kann er nicht komplett mit redundantem Bildmaterial kompensiert werden (Beispiel). Die Maskierung der abgeschatteten Bereiche im Preprocessing oder in PTGUI wird dann schier unerlässlich. Ein freihand aufgenommenes Nadir-Bild kann dann mittels Viewpoint-Correction am Südpol eingebaut werden. Diese Fummelei mag kaum jemand.
Damit ist auch der weich abgeschattete Bildanteil ein kritisches Merkmal eines Panoramasystems.
Durch die kameraspezifischen Auslegung des MultiRow war es möglich, den horizontalen Ausleger unidirektional auszuführen. Einfacher ausgedrückt: Links vom Rotator tritt beim MultiRow keine Abschattung auf.
Das zweite Merkmal des MultiRow sind die nach hinten gekröpften Schenkel. Das nicht abgeschattete, zusammenhängende Bildfeld um den Nadir (also die Bereiche 1 und 2 gemäß obiger Klassifizierung) wird mit diesem konstruktiven Trick auf ca. 300° vergrößert.
Dank beider Maßnahmen ergibt sich für den MultiRow eine bislang noch nicht erreichte Redundanz. Als Folge ist im Postprocessing oder in PTGUI gar keine Maskierung mehr erforderlich. PTGUI stitcht die Quellbilder eines mit dem MultiRow aufgenommenen Panoramas fehlerfrei ohne jegliche Maskierung.
Nur die harte Abschattung bleibt nach dem automatisch ablaufenden Stitchingprozess übrig. Verwendet man den MultiRow auf dem Rotator kann man die sehr kleine Abschattung einfach in Photoshop "zustempeln" wenn man bereits bei der Aufnahme das Stativ im Hinblick darauf platziert hatte.
Kommentare
MultiRow-Versionen
Das ist alles recht anschaulich dargestellt. Ich war mir dieser Problematik und dem Unterschied zwischen harter und weicher Abschattung bislang nicht bewusst.
Sie bieten den MultiRow nach meinem Verständnis in 2 Versionen "M" und "S" an, zeigen aber in der Tabelle nur die Werte für die "M"-Version auf.
Welchen Sinn macht es denn überhaupt, die "S"-Version zu kaufen ?
Und: Gibt es auch die Möglichkeit, den Nodalpunktabstand für eine neue Linse selbst zu ermitteln ?
MultiRow-Versionen
Die "S"-Version des MultiRow haben wir speziell auf die Geometrie der Leica-M und der MicroFourThirds abgestimmt und den vertikalen Schenkel 15mm verkürzt. Das passt zu den kleinen Packmaßen dieser Kameras. Die Abschattung wird bei der verkleinerten Version etwas größer.
Übrigens: alle in diesem Blog gezeigten Abschattungen des MultiRow stammen von der "S"-Version, die wir an unserer GF1 einsetzen.
Wir werden in Kürze auch eine Kameraplatte mit Langloch liefern können. Mit diesem "Zubehör" kann sich dann jeder Anwender selbst auf die Suche nach der Nodalpunktposition machen.
kleiner MultiRow ganz groß
WOW ! Als überzeugter KISS-Nutzer muss ich sagen: da scheint Euch mit dem kleinen MultiRow der ganz große Wurf gelungen zu sein.
Diese Objektivauflage ist eine tolle Idee !
Muß haben !
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