Blog-Eintrag

DP2M mit Foveon Sensor

Als ich im Dezember 1982 erstmals an der IEDM, der renommiertesten internationalen Halbleiter-Fachkonferenz teilnahm, zeigte ein Referent die Vorzüge der 3-5-Halbleiter im Vergleich zum Silizium auf und die überwältigenden Möglichkeiten, die GaAs als Halbleitermaterial bietet. "Gallium Arsenide is the semiconductor material of the future - and it ever will be"- den Satz werde ich nie vergessen. Bis heute hat er seine Berechtigung.
Nicht immer setzt sich das Bessere durch. 

Fast alle RGB-Bildsensoren, die heute in Digitalkameras und Handys eingesetzt werden, egal ob CCD oder CMOS, verfügen über ein RGB-Farbfilter in Form eines Bayer-Patterns. Diese Farbfilter auf den an sich panchromatisch lichtempfindlichen Pixeln blocken ca. 2/3 der einfallenden Lichtenergie ab, indem die Pixel mit Rot-Filter nur den langwelligen Rotanteil der Bildinformation auswerten, die mit Grün-Filter den Grünanteil und die mit Blau-Filter den blauen Anteil. Da der Senor "weiß", welche Pixel rotempfindlich sind, kann man diese Farbe der jeweiligen Zelle zuweisen. Die Farbinformation geht also nicht verloren.

Die Nachteile dieses dominanten Konzepts habe ich im letzten Blogeintrag bereits erläutert. Hier will ich einen alternativen Ansatz vorstellen, der zweifelsfrei weitaus besser ist. Ob er sich tatsächlich durchsetzen wird, ist völlig offen.

Foveon_LogoDieser "bessere" Sensor ist bekannt als Foveon X3-Sensor.
Foveon ist der Name des Unternehmens, das die Technologie entwickelt und zur Marktreife gebracht hat.
Sigma, der japanische Objektiv- und Kamerahersteller, hat als Investor Foveon 2008 aufgekauft - und stattet alle Sigma-Kameras mit diesem Sensor aus.

Das Besondere an dem Foveon X3-Pixel ist, dass es panchromatisch empfindlich ist: Jedes einzelne Pixel sieht in Farbe, kann also RGB-Farbwerte ausgeben.

Weißes Licht ist eine Mischung aus Lichtwellen unterschiedlicher Farbe, also unterschiedlicher Wellenlänge. Im Regenbogen oder in einem Prisma werden die Lichtwellen nach Farben sortiert: von violett über blau-grün-gelb bis rot. Den Rest des Spektrums, ultraviolett (UV) und infrarot (IR) sehen wir nicht.
Silizium absorbiert Licht vollständig, von UV bis IR. Je länger die Wellenlänge des Lichtes ist, desto tiefer dringt es in das Silizium ein. UV und blaues Licht wird bereits in geringer Tiefe (weit weniger als ein tausendstel Millimeter) absorbiert. Grünes Licht schafft es bis in eine Tiefe von maximal einem Mikrometer während rotes Licht erst nach 10 Mikrometern weitgehend absorbiert ist. 3 lichtempfindliche Schichten übereinander
Diese von der Farbe des Lichts abhängige Absorption nutzt der Foveon-X3-Sensor zum Farbsehen aus: Im Fertigungsprozeß des Silizium-Wafers werden drei unterschiedlich dotierte Gebiete in jedem Pixel übereinander erzeugt und elektrisch getrennt angeschlossen. So kann man die vom Licht generierte Ladung in allen drei übereinander liegenden Gebieten separat absaugen und messen - und erhält drei Messwerte, die den Lichtanteilen Blau-Grün-Rot entsprechen. Die obere Siliziumschicht (man nennt das eine Wanne) absorbiert nahezu alle kurzwelligen "blauen" Lichtanteile. Die mittlere Wanne absorbiert den Grünanteil und die tiefste Wanne den Rotanteil. Eigentlich ganz einfach - ganz ohne Farbfilter und unter Ausnutzung der vollen Lichtenergie, die ein Pixel erreicht.
Auch die weitere Signalverarbeitung ist im Prinzip einfacher als beim RGB-Bayer-Sensor, denn eine Interpolation von Farbwerten ist nicht erforderlich. Denn jede Zelle liefert die vollständige RGB-Information. Chrominanz und Luminanz können also für jedes Pixel separat ermittelt werden. AA-Filter sind somit nicht erforderlich. So bleibt der volle Bildkontrast erhalten, den das Objektiv liefert. Tatsächlich haben Kameras, die mit solchen Sensoren bestückt sind, eine Grenzauflösung jenseits der Nyquist-Grenzauflösung.

Foveon hat im Februar 2002 den ersten kommerziellen 3,5 MP-Sensor "F07" in dieser Technologie vorgestellt. Die erste bekannte Kamera mit diesem Sensor war die Sigma SD9, ebenfalls 2002. Etwas bekannter wurde der Sensor aber erst 2008 in der spartanisch ausgestatteten Sigma DP1. Zur Popularität hat des der Foveon-Sensor aber bislang nicht geschafft. Dabei hätte es der Sensor verdient, in eine Kamera verbaut zu werden, deren Features und Bedienkomfort auf der Höhe der Zeit ist.

Inzwischen hat Foveon die Sensorgröße auf APS-C-Format mit 23,5mm x 15,7mm und 4800x3200 5µm-Pixeln gebracht. Sigma propagiert den F20A "Merrill"-Sensor als "effektiv 46 MP"-Sensor, was natürlich Quatsch ist. 4800 x 3200 Sensorzellen liefern nur 15,36 Millionen Bildpunkte (=Pixel). Es mag aber durchaus sein, daß sie dreimal so leistungsfähig sind wie 15 Millionen Sensorzellen mit dem klassischen RGB-Bayer Pattern. 

Foveon X3-Zelle in den "Merrills" (Quelle: Chipworks)

Wannenstruktur der X3-Zelle

Während ein konventionelles Pixel 4 Transistoren enthält, sind in der Foveon-X3-Zelle mit 3 isolierten Wannen sogar 6 Transistoren erforderlich. Denn schließlich müssen jetzt 2 zusätzliche Transfer-Gates (eines pro "Farbe") untergebracht werden. In der nur 5µm x 5µm großen Zelle bleibt daher nicht mehr viel Platz übrig für die eigentliche, photosensitiven Kapazitäten oder gar zusätzlichen Funktionen. Vermutlich ist auch deshalb die Video-Performance des X3 derzeit noch eher vergleichbar mit der eines lahmen CCD-Sensors. 

Wer aber die Digitalkamera ausschließlich zum Fotografieren nutzt oder mit VGA-Videoauflösung zufrieden ist, für den sollte der Foveon X3 attraktiv sein. Für Panoramafotografie ist er geradezu ideal.

Sigma verbaut den neuen Foveon im APS-C-Format F20A in der "SD1 Merrill" und den Kompakten DP1M und DP2M.
DP2M auf dem MultiRowSigma's Systemkamera SD1 findet bislang nicht viel Akzeptanz.
Die Verbreitung und der Erfolg des Foveon-Sensors hängen somit weitgehend von der Markt-Akzeptanz der Sigma-Retro-Kameras DP1M und DP2M ab. Die Begeisterung für den Sensor wird bei den puristische Kompaktkameras mit dem Scharm eines Ziegelsteins getrübt durch die eher spartanische Ausstattung. Aber der enthusiastische DP1M- und DP2M-Fotograf verzichtet gerne auf einiges, was inzwischen bei Kameras Standard ist. 
Leider konnte ich beim ersten Test kein Panorama mehr aufnehmen: Der Akku war zu schnell leer und ein Ladegerät war nicht zur Hand. So störte mich insbesondere die langsame Bildfolge und der hohe Stromverbrauch.
Der Bildprozessor scheint dem RAW-Datenstrom von 46MB pro Bild nicht gerecht zu werden. War das nicht bei der DP1 vor 4 Jahren schon so ?  Sigma hat in den DP1M/2M jetzt gleich zwei TRUE2-Bildprozessoren verbaut. Die ziehen natürlich mächtig Strom. Da die Bildfolge für die ersten 6 Aufnahmen schnell ist, bildet der X3-Sensor selbst offensichtlich nicht das Bottleneck. Vermutlich sind die Architektur und das Betriebssystem die Ursache für die langsame Bildfolge. Sigma wird doch da kein 16Bit-Windows verwenden ?

Warum, so fragt man sich, warum kann Sigma nicht eine vernünftige Kamera bauen ?  
Der zweifellos bessere Sensor wird sich so am Markt wohl nicht durchsetzen. Schade !

Einige unserer Kunden fotografieren schon mit den neuen kompakten Sigma DP1M und DP2M und sind von der Bildqualität überwältigt. 
Den maßgeschneiderten MultiRow für die DP2M haben wir inzwischen bis nach Australien geliefert.

Kommentare

Es gibt verblüffende Ähnlichkeiten zwischen Sigma von heute und Apple in den mittleren bis späten 199er Jahren: definitiv die bessere Technologie in der Hand, ständig Mut zu Innovationen, eindeutig wegweisende Produkte… nur interessiert sich kein Mensch dafür, alle fahren das ruhige Mainstream. Die Menschen wollen nun mal nicht die besseren Lösungen, sondern urteilen nach Länge der Featuritis-Liste in der Werbebeilage des lokalen "Blöd-Geiz-Marktes".

Wobei IMHO Sigma selbst ein bisschen die Chance verspielt - da muss schon Emotion her, alleine mit klobigemIndustriedesign a la Zenith ist kein Blumentopf zu gewinnen; Sigma brauch eindeutig einen Marketing-Teufel im Stil eines Steve Jobs. Davon gibt es leider viel zu wenige.

..gut beschrieben: der Mut es mal ANDERS ZU MACHEN NICHT NUR BESSER ist großartig... warum aber die (in Kombi von z B 2 Gehäusen) Profi-teuren DP Merrills z B nur ein Plastik-Filtergwinde haben, einen viel zu weichen Auslöser etc. (was ja produktionstechnisch kein Thema wäre), ist mir echt ein Rätsel..

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